Biodiversität im Blickpunkt

Hintergrund

Bei seinen umwelt- und naturschutzrechtlichen Maßnahmen rund um den Neubau der A45 richtet der Landesbetrieb Straßenbau NRW den Blick auch auf die waldbewohnenden Säugetiere. Das hat einen simplen und zugleich sehr relevanten Hintergrund: „Die Talbrücken haben eine eminent wichtige Verbundfunktion“, erklärt Landespfleger David Lemberg. Sie seien entlang des Streckenverlaufs die einzigen Stellen, an denen Wildtiere die A45 sicher queren können. Dies sei extrem wichtig für den Genaustausch und die Sicherstellung der Biodiversität. Im Fokus stehe das Rotwild, aber nicht zuletzt auch die Europäische Wildkatze, im Fachjargon „Felis silvestris silvestris“ genannt. Sie zählt heute in weiten Teilen unseres Kontinents zu den stark bedrohten Säugetierarten. In Deutschland sowie in NRW wird sie in der Roten Liste als „gefährdet“ aufgeführt.

Straßen.NRW hat die Existenz der Wildkatze bereits in den Jahren 2009 und 2010 mithilfe sogenannter Lockstockuntersuchungen überprüft – besonders im Kreis Siegen-Wittgenstein. Mit Baldrian beköderte Holzpflöcke locken dabei streifende Wildkatzen an. Im Bereich der geplanten Ortsumgehungen zwischen Kreuztal und Erndtebrück (B508/ B62) haben die Experten in diesem Untersuchungsgebiet seinerzeit eine vergleichsweise hohe Zahl an Individuen nachgewiesen. Die Ergebnisse zeigten ein etabliertes Vorkommen – darunter einige weibliche Wildkatzen, sodass schon damals eine regelmäßige Reproduktion zu erwarten war. Spätere Analysen konkretisierten die Datenlage eines geschlossenen Verbreitungskorridors, der sich vom nordrhein-westfälischen Rothaargebirge bis in den Kellerwald und den Burgwald in Hessen erstreckt.

Im Zuge des Neubaus der Talbrücke „Landeskroner Weiher“ zwischen den Anschlussstellen Wilnsdorf und Haiger/Burbach hat Straßen.NRW in Zusammenarbeit mit einem Gutachter aus dem Rheinland die Nutzung des Tals durch Säugetiere im Allgemeinen untersucht. Ziel war es, zu überprüfen, inwiefern sich die anfallenden Bauarbeiten störend auf querende Tiere auswirken – insbesondere auf Rot- und Rehwild, Schwarzwild sowie erneut die Wildkatze. Dafür postierten die Verantwortlichen insgesamt 15 Wildkameras, die mehr als ein Jahr lang die Entwicklung dokumentieren sollten. Die Aufnahmegeräte haben über diesen Zeitraum hinweg insgesamt weit über 2000 zu analysierende Ereignisse festgehalten. Das Tal unterhalb der Talbrücke „Landeskroner Weiher“ wird demnach regelmäßig von Wildtieren zur Überquerung genutzt.

Eine aufwendige Sichtung des Materials brachte hervor, dass das Rotwild dabei mit rund 25 Prozent Anteil am Gesamtresultat die größte Gruppe darstellte. Auch Rotfuchs, Rehwild und Schwarzwild (jeweils über 15 Prozent) haben die Gutachter häufig beobachten können. Bei der Auswertung der Daten zeigten sich außerdem immer wieder phänotypische Hinweise auf Wildkatzen. Das äußere Erscheinungsbild der Tiere deutete also auf Wildkatzen hin. Aufgrund mehrerer Serien mit markierenden Kudern (männlichen Wildkatzen) ist ein ständiges Revier in Talnähe nicht auszuschließen. Generell bestätigen die Ergebnisse abermals eine Beobachtung aus früheren Untersuchungen: Die Wildtiere akzeptieren Querungsbauwerke vor allem dann, wenn sie hoch und breit sind. 

Foto: Straßen.NRW