Mit der ersten Hauptprüfung erhalten die ersten Teilbauwerke der Talbrücken Rinsdorf und Rälsbach in diesen Tagen quasi ihre Betriebserlaubnis. Brückenprüfer nehmen im Auftrag der Autobahn Westfalen die Neubauten noch bis Anfang Dezember vom Geländer bis zum Pfeilerfuß unter die Lupe. Im Anschluss wird der Verkehr auf die neuen Bauwerke umgelegt. Gleichzeitig laufen unter der Talbrücke Rinsdorf bereits ab Ende November die Vorbereitungen für die Sprengung des alten Bauwerks.
Die Talbrücke Rinsdorf ist eine von noch vier einteiligen Großbrücken entlang der Sauerlandlinie, die von der Autobahn-Niederlassung Westfalen betreut werden. Das bedeutet, dass die Fahrbahnen beider Richtungen über einen Überbau führen. Eine besondere Herausforderung für den Brückenneubau – schließlich muss der Verkehr weiter rollen. Bereits neu gebaut ist die Lennetalbrücke in Hagen. Hier wurde der fast 1000 Meter lange Überbau einer Brückenhälfte Anfang des Jahres quer in die endgültige Lage verschoben.
Die neue Talbrücke Rinsdorf wird aus zwei Teilbauwerken bestehen – die erste Hälfte ist fertig und geht Anfang Dezember unter Verkehr. Allerdings stehen die gut 70 Meter hohen Pfeiler noch nicht an ihrem endgültigen Platz. Erst wenn die alte Brücke gesprengt worden ist und die zweite Brückenhälfte gebaut wurde, rücken beide Brückenteile zusammen. „Dabei verschieben wir erstmals in Deutschland eine so hohe Talbrücke samt Pfeiler“, beschreibt Karl-Josef Fischer, Geschäftsbereichsleiter Bau der Außenstelle Netphen, eine der – voraussichtlich im Jahr 2024 – anstehenden Herausforderungen. Die zweite Mammutaufgabe für die Autobahn Westfalen ist die Sprengung der Bestandsbrücke. Fischer: „Eine Brücke mit diesen Dimensionen zu sprengen, ist ziemlich einmalig.“
Sperrung der Eiserfelder Straße
Bevor es im Februar soweit ist, muss für die Brücke ein Fallbett hergestellt werden. Schließlich sollen die Trümmer weder die Eiserfelder Straße (L907) noch den Heckebach in Mitleidenschaft ziehen. Außerdem muss das Bauwerk vor der Sprengung noch geleichtert werden. Das bedeutet, dass der Fahrbahnbelag und sämtliche Aufbauten sowie die so genannten Kragarme und Teile der Fahrbahnplatte entfernt werden. So reduziert sich vor der Sprengung das Gewicht der Brücke – und die Erschütterungen beim Aufprall werden geringer. Für diese Arbeiten muss die L907 ab Montag (29.11.) bis Ende Februar zwischen Rinsdorf und Wilnsdorf gesperrt werden. Eine Umleitung führt über die L909 und B54 über Obersdorf. Das Industriegebiet Wilnsdorf bleibt aus Wilnsdorf erreichbar.
Die Sprengung der Talbrücke Rälsbach ist nur wenige Wochen nach der Rinsdorfer Brücke geplant. Hier sind allerdings nur Wirtschaftswege betroffen und das Teilbauwerk ist kleiner als die Brücke Rinsdorf. Der Verkehr auf der A45 wird ab Anfang Dezember Schritt für Schritt auf die beiden Neubauten umgelegt.
Erste Hauptprüfung
Während das Ende der alten Brücken geplant und vorbereitet wird, machen sich Brückenprüfer daran, die beiden Neubauten ausführlich in Augenschein zu nehmen. Bevor ein Neubau für den Verkehr freigegeben werden kann, steht eine erste Hauptprüfung an. Bei dieser „H1“ werden alle Bauteile wie bei der regulär alle sechs Jahre stattfindenden Hauptprüfung „handnah“ in den Blick genommen. Dabei geht es auch darum, oberflächliche Fehler zu finden und noch vor der Freigabe zu beseitigen. Das können zum Beispiel sogenannte Kiesnester sein, bei denen der Beton an der Schalung nicht ausreichend verdichtet wurde und sich so eine unebene Oberfläche gebildet hat. „Was die inneren Qualitäten der Brückenbauteile angeht, finden die wichtigsten Prüfungen während der Bauphase statt“, erklärt Gunter Nöh, Bauüberwacher der Autobahn Westfalen an den Talbrücken Rinsdorf und Rälsbach. Für die Talbrücke Rinsdorf geht die derzeitige Prüfung allerdings noch als Sonderprüfung ins Bauwerksbuch ein. Denn die erste Brückenhälfte steht ja noch nicht an ihrem endgültigen Platz. Die H1 folgt dort also erst nach dem Verschub. Bis dahin hat das Bauwerk aber schon ein paar Jahre Verkehr bewältigt.
Foto: Autobahn Westfalen/Felix Lübbert